Die Valoren des Thuner Solarunternehmens Meyer Burger starten am Donnerstag höher und legen bis um 09.45 Uhr 8,33 Prozent auf 0,0975 Franken zu, ehe es bis um 12.00 Uhr wieder auf 0,0915 Franken zurückging. Das entspricht noch einem Kursgewinn von 1,67 Prozent, während der Swiss Performance Index (SPI) 0,27 Prozent höher bei 14'563 Punkten notiert. In der Eröffnung stiegen die Aktien von Meyer Burger noch um 10 Prozent an. 

Am gestrigen Mittwoch sind die Valoren 31 Prozent abgesackt, nachdem Meyer Burger bekanntgab, die Schliessung eines der grössten europäischen Solarmodulwerke in Sachsen zu prüfen und seinen Schwerpunkt in die USA zu verlegen. Der Preisverfall bei den Solarmodulen in der Branche hat zu einem massiven Finanzloch geführt. Für seinen Umbau braucht der Schweizer Hersteller eine Kapitalerhöhung.

Das Solarunternehmen enttäuscht zum wiederholten Mal und trotz Erholungskurs bleibt fraglich, ob Meyer Burger die Kapitalerhöhung stemmen kann. Bis Mitte Februar will das Unternehmen den Entscheid bekanntgeben, ob die Produktion in die USA verlegt werden soll. «Die Short-Strategen freut es vermutlich und die Ausgangslage bleibt schwierig», schreibt die Privatbank Rahn+Bodmer in einem Kommentar am Donnerstag.

Die Preise für Solarmodule in Europa sind im vergangenen Jahr eingebrochen, nachdem chinesische Produkte den Markt überschwemmt hatten. Dieses «Dumping» hat zur Folge, dass es in Europa «keinen fairen Markt» gibt, sagte Vorstandsvorsitzender Gunter Erfurt am Mittwoch in einer Telefonkonferenz. Von Indien verhängte Handelsschranken und ein US-Importverbot für chinesische Panels, die im Verdacht stehen, in Zwangsarbeit hergestellt worden zu sein, führten dazu, dass Module nach Europa umgeleitet wurden, schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg. 

Die Europäische Union will einheimischen sauberen Technologien den Vorzug geben, aber weniger als 2 Prozent der Nachfrage wird durch Solarprodukte aus der Region gedeckt, während etwa 90 Prozent der Komponenten aus China stammen. Die Branche wartet auf eine ähnliche Unterstützung durch die Politik wie das Paket der EU-Kommission für den angeschlagenen Windkraftsektor. Ob der Ruf von Meyer Burger nach Subventionen in Deutschland auf fruchtbaren Boden fällt, ist vorerst zu bezweifeln. Die deutsche Koalitionspartei FDP hat solchen Plänen bereits am Mittwoch Abend eine Absage erteilt. 

Optionsmärkte sorgen weiter für Volatilität

Neben den Privatanlegerinnen und -anlegern werden die meisten Meyer-Burger-Titel von institutionellen Investoren gehalten, da diese im Schweizer Mid Cap Index SMIM vertreten sind. Diese grossen Aktienpaket dieser Investorengruppe erlauben es, Positionen mit Optionen abzusichern. Entsprechend hoch ist die ausstehende Anzahl an Putoptionen an der europäischen Derivatbörse Eurex.

Diese hohe Positionierung in Puts - damit sichern sich Investoren gegen sinkende Aktienkurse ab - dürfte zu einem sogenannt negativen Gamma bei den Valoren von Meyer Burger geführt haben. Das Gamma zeigt dabei nicht an, ob sich die Kurse nach unten oder oben bewegen. Ein negatives Gamma bedeutet in diesem Fall vielmehr, dass die Derivate anbietenden Banken sich in die gleiche Richtung der Marktbewegung absichern. Wenn also die Aktien von Meyer Burger steigen, müssen Market Maker Aktien kaufen und umgekehrt bei fallenden Kursen Aktien verkaufen - sprich mit jedem Preisrückgang wurden jüngst noch mehr Meyer-Burger-Aktien auf den Markt geworfen. Das bedeutet, dass die Aktien in diesem Umfeld deutlich höheren Schwankungen unterliegen als in einem Umfeld mit einem positiven Gamma. 

Seit Jahresbeginn haben die Valoren von Meyer Burger 45 Prozent an Wert verloren, welche das negative Gamma und damit die hohe Schwankungsanfälligkeit oder Volatilität widerspiegelt. Treffen diese Verkäufe zudem auf eher dünne Handelsvolumen, so kennt der Preis wie gestern nur noch den steilen Weg nach unten.

Entscheidend ist nun die Frage, ob die Investoren Gewinne bei diesen Absicherungstransaktionen mitnehmen. Das würde bedeuten, dass die sogenannte Schwankungsanfälligkeit wegen einem tieferen negativen Gamma-Wert in den nächsten Wochen abnehmen und sich damit die Preisausschläge abschwächen sollten. Halten die Anleger auf der anderen Seite an ihren Putoptionen fest, so dürfte die Schwankungen bis zur Präsentation des Entscheides über den Verbleib in Deutschland weiterhin hoch bleiben.  

Thomas Daniel Marti
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